In Modul II habt ihr die historischen Kontinuitäten und die Geschichte des Antisemitismus kennengelernt, ein Blick, der die drängende Frage offenlässt, wie und warum sich dieses Ressentiment über Jahrhunderte hinweg in so gewaltvoller Form in allen gesellschaftlichen Gruppen halten und immer wieder neu anpassen konnte. Bevor wir in Session 2 und 3 die wiederkehrenden Narrative, Codes und Chiffren des Antisemitismus entschlüsseln, wollen wir gemeinsam verstehen, welche gesellschaftlichen und psychologischen Funktionen der Antisemitismus erfüllt - denn wie Jean Paul Sartre bereits formulierte, ist dieser völlig losgelöst von der tatsächlichen Lebensrealität jüdischer Menschen. Juden:Jüdinnen fungieren in diesem Weltbild als „ewige Sündenböcke“, um das Unerklärliche, Bedrohliche oder schlicht Schlechte in der Welt zu erklären.
Wenn es den Juden nicht gäbe, der Antisemit würde ihn erfinden.
Warum halten sich antisemitische Verschwörungsmythen so hartnäckig?
Sie geben scheinbar einfache Antworten auf komplexe Probleme und teilen die Welt klar in Gut und Böse. Gerade in Krisenzeiten (wie Pandemien, Krieg oder wirtschaftlicher Unsicherheit) erleben solche Mythen einen gesellschaftlichen Aufschwung. Die Figur "des Juden“ dient seit Jahrhunderten als Projektionsfläche für kollektive Ängste, Vorurteile und Abwertungen.
Verschwörungsmythen werden gezielt eingesetzt, um von (politischen) Missständen abzulenken. Das Feindbild des „Juden“ bietet eine gelegene Projektionsfläche, um die Schuld an Krisen auf einen „Sündenbock“ zu verlagern.
Verschwörungsmythen stiften Identität, indem sie einfache Feindbilder schaffen und ein Gefühl von Zugehörigkeit zur „guten“ und „wissenden“ Gruppe vermitteln vs. der „bösen“ Gruppe. So geben sie Halt, Selbstaufwertung und scheinbare Kontrolle in unsicheren Zeiten. "Wer sind wir? Keine Juden!"
Verschwörungsmythen bieten einfache Erklärungen für komplexe, oft negative Ereignisse wie Krisen oder Katastrophen. Dadurch schaffen sie ein trügerisches Gefühl von Kontrolle und Vorhersehbarkeit
Verschwörungsmythen werden gezielt eingesetzt, um Jüdinnen und Juden zu dämonisieren und als Bedrohung darzustellen. Dadurch erscheint Gewalt gegen sie als gerechtfertigt.
Ordne die folgenden Beschreibungen den Funktionen zu.
Trage ich in meiner Sprache oder Bildwahl dazu bei, ein klares Wir-und-die-Narrativ zu reproduzieren bei dem ‚die Juden‘ (implizit oder explizit) als Gegenbild fungieren?