In Modul II haben wir bereits gelernt, dass der Israelbezogene Antisemitismus eine neue Form des klassischen Antisemitismus ist, in dem in antisemitischen Narrativen "Die Juden" ganz einfach durch "Israel" ausgetauscht werden.
Wann hört für dich legitime Kritik an der israelischen Politik auf, wann beginnt Antisemitismus? Was könnte das Problematische am Begriff „Israelkritik“ sein?
In den letzten beiden Sessions hast du dann gelernt, welche antisemitischen Narrative seit der Begründung des Christentums bestehen und wie sie heute in in Codes verpackt werden. Der Begriff „Israel“ fungiert dabei häufig als eine Art Supercode: Er ersetzt nicht nur einzelne stereotype Begriffe wie „Elite“ oder „Zentralbanker“, sondern steht in manchen Diskursen stellvertretend für „die Juden“ insgesamt.
Israel ist der Jude unter den Staaten
Das zeigt sich zum Beispiel, wenn in Social-Media-Posts Israel pauschal als „Kindermörderstaat“ bezeichnet wird, ein Narrativ, dass die Kindsmordlegende modernisiert und auf Israel als Staat überträgt. Oder wenn politische Debatten den gesamten Nahostkonflikt personalisieren, indem Israel als „Strippenzieher“ internationaler Politik inszeniert wird. Auch die Behauptung, Israel kontrolliere die Medien, übernimmt ein klassisches antisemitisches Stereotyp und kleidet es in einen geopolitischen Kontext. Israel wird so zur globalpolitischen Projektionsfläche antisemitischer Ressentiments. Israelbezogener Antisemitismus verbindet so die verdeckte Sprache von Codes mit der inhaltlichen Aufladung aller klassischen antisemitischen Stereotype – und macht ihn zu einer besonders wirkmächtigen Form, denn er vermittelt nicht nur eine antisemitische Weltsicht, sondern hat ganz konkrete Auswirkungen auf Juden:Jüdinnen weltweit.
Statistiken zeigen: Immer wenn es Konfliktsituationen in der Region Israel/Palästina gibt, steigt auch die Gewalt gegen Juden:Jüdinnen weltweit.
Du fragst dich jetzt, ob eine Aussage zu Israel oder israelischer Politik antisemitisch ist? Der Drei-D-Test, entwickelt von Natan Sharansky, kann dir dabei helfen, eine erste Einschätzung zu treffen, ob es sich um legitime Kritik an israelischer Politik oder israelbezogenem Antisemitismus handelt und weist auf problematische Muster hin. Wichtig ist hierbei, dass es sich, nur weil eines der drei "D" zutrifft, nicht zwangsläufig um Antisemitismus handeln muss. Vielmehr dient der Drei-D-Test als Hilfsmittel, um bei möglicherweise kritischen Aussagen genauer zu betrachten:
Wir haben unsere Expert:innen Nicholas Potter und Philipp Peyman Engel zum Thema israelbezogener Antisemitismus befragt:
Kennzeichen für israelbezogenen Antisemitismus, oder einfach nur Kritik ? Ordne die Aussagen den drei Ds (Delegitimierung, Doppelte Standards und Dämonisierung) zu.