4 Früher Täter – Heute Vorbild?

Ein Blick auf das ungebrochene Erbe in den Medien

Zahlreiche Journalist:innen haben sich, wie du sicher weißt, in den Dienst des NS-Staates gestellt und aktiv zur Verbreitung von antisemitischen Verschwörungsmythen, Hetze und Entmenschlichung beigetragen. Die Erzählung, es habe eine Zäsur und einen klaren Bruch nach 1945 gegeben, hält einer Prüfung nicht stand. Jene, die zuvor noch Teil des Propagandaapparats der Nationalsozialisten waren, waren auch die, die nach 1945 maßgeblich am Aufbau einer „freien demokratischen“ Presselandschaft beteiligt waren.

Statt Aufarbeitung: Karriere. Statt Ausschluss: Intendanz, Chefredaktion, Meinungsforschung. So wurde die Bundesrepublik mit alten Netzwerken, altem Personal, häufig auch mit alten Stereotypen und Narrativen aufgebaut. Dass sich antisemitische Denkmuster, nationale Erzählungen und rechte Narrative als strukturelles Erbe bis heute halten, ist da kaum verwunderlich.

Eine Auseinandersetzung mit der eigenen professionellen Rolle bedeutet also auch eine Auseinandersetzung mit geschichtlichen und personellen Kontinuitäten in den Medien.

Was bedeutet es für für dich als Medienmachende:r, dass zentrale Akteure nach 1945 dieselben waren, die zuvor an der NS-Propaganda mitgewirkt haben?

Recherche-Tipps & -Tricks

Du willst in historische Recherchen einsteigen, weißt aber nicht wie? Hier findest du ein paar Tipps, die dir deine Suche erleichtern werden:

Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (Apabiz)
Publikationen und Informationen aus dem Bereich Rechtsextremismus

Arbeitsstelle für die Geschichte der Publizistik / Uni Köln
Umfangreicher Bestand an Zeitungen und Zeitschriften des 19. und 20. Jahrhunderts

Bundesarchiv Koblenz / Berlin
Im Bundesarchiv befinden sich zahlreiche Bestände zur Pressegeschichte des NS

Deutsches Exilarchiv 1933 - 1945 / Deutsche Nationalbibliothek Frankfurt a. Main / Leipzig
Publikationen sowie institutionelle und persönliche Nachlässe

Deutsches Zeitungsportal
Historische Zeitungen aus den Jahren 1671 bis 1994

DigiPress - Das Zeitungsportal der Bayerischen Staatsbibliothek
Historische, überwiegend deutschsprachige Zeitungen aus den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek

Institut für Zeitungsforschung
Bibliothek, Archiv und Forschungsstätte in Dortmund

ZEFYS - Zeitungsinformationssystem der Staaatsbibliothek zu Berlin
Digitalisierte Ausgaben regionaler & überregionaler Zeitungen

Zeitungsportal NRW
Digitalisierte Lokalzeitungen aus NRW im Zeitraum von 1801-1945

Andrea Sinn: Jüdische Politik und Presse in der frühen Bundesrepublik. Göttingen 2014.

Axel Schildt: Medien-Intellektuelle in der Bundesrepublik. Göttingen 2020.

Frank Bösch, Medien im Nationalsozialismus: Transnationale Perspektiven, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 62,9/10, 2011, S. 517-529.

Fritz Bauer Institut: Bild dir dein Volk! Axel Springer und die Juden. Göttingen 2012.

Lutz Hachmeister; Friedemann Siering: Die Herren Journalisten. Die Elite der deutschen Presse nach 1945.

Manfred Pohl: M. DuMont Schauberg. Der Kampf um die Unabhängigkeit des Zeitungsverlags unter der NS-Diktatur. Frankfurt / Main 2009.

Matthias Weiß: Journalisten: Worte als Taten, in: Norbert Frei (Hrsg.): Hitlers Eliten nach 1945. München 2003.

Norbert Frei; Johannes Schmitz: Journalismus im Dritten Reich. München 1999.

Otto Köhler: Wir Schreibmaschinentäter. Journalisten unter Hitler - und danach. Köln 1989.

Peter Köpf: Schreiben nach jeder Richtung. Goebbels-Propagandisten in der westdeutschen Nachkriegspresse. Berlin 1995.

Sönke Neitzel; Bernd Heidenreich: Medien im Nationalsozialismus. Brill 2010.

Stiftung Topografie des Terrors: Zwischen den Zeilen. Zeitungspresse als NS-Machtinstrument. Berlin 2013.

Ihr seid Teil einer Redaktion? Recherchiert doch mal die NS-Vergangenheit eurer Zeitung.  

Ihr seid freie Medienmachende? Sucht euch Verlage oder Zeitungen aus eurer Stadt und recherchiert zur NS-Vergangenheit und personellen Kontinuitäten. 

Hier stimmt doch was nicht?

Prüfe die folgenden kurzen, fiktiven Artikelpassagen und klicke alle Sätze an, die historisch falsch sind.

Nach 1945 führten die Alliierten zunächst eine strenge Lizenzpolitik ein: Nur ausgewählte Personen durften Zeitungen herausgeben. Gleichzeitig blieben jedoch viele Journalist:innen im Beruf, die zuvor an der NS-Propaganda mitgewirkt hatten. Alle ehemaligen Propagandist:innen wurden konsequent ausgeschlossen.

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